Kolumne

Montag, 10. Oktober 2011

Fernöstliche Weisheiten

In den indischen Religionen ist ja die Idee vom Karma verbreitet. Sie wissen schon: Die Vorstellung, dass der Mensch mit allem, was er tut, spirituelle Energie sammelt, die positiv oder negativ sein kann, und die sich dann auf das Leben nach der Wiedergeburt auswirkt. Ich finde, dass es ein unglaublich kluger Gedanke ist, sich so etwas vorzustellen - ganz egal, ob man Religion etwas abgewinnen kann oder nicht. Im Alltag hilft es, wenn ich mir eine Karma-Uhr vor meinem geistigen Auge vorstelle, um die richtigen Entscheidungen zu treffen. Dabei muss es sich noch nicht mal um weltbewegende Dinge handeln.

Kürzlich stand ich vor der Entscheidung, mir nach Feierabend noch einen Eisbecher am Kiosk zu holen. Geschmacksrichtung Karamell, mit Schokostückchen. Man gönnt sich ja sonst nichts. Eine kleine Selbst-Belohnung dürfte drin sein. Ist doch gut fürs Karma, oder? Andererseits: Eine echte Kalorienbombe. Unverschämt teuer noch dazu! Ich wiege mit dem Kopf, studiere aufmerksam die Packung, und sehe dann das Qualitätssiegel "Fair gehandelt". Das überzeugt mich zum Kauf. Wie gut, dass es dich gibt, liebes Karma!

[Diese von mir geschriebene Kolumne ist am 12. August 2011 unter dem Titel "Wird schon Werden" in Ausgabe 32 der "Werdener Nachrichten" erschienen]
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Das Genie beherrscht das Chaos

„Mir ist bisher nur ein Journalist mit aufgeräumtem Schreibtisch begegnet, und der wurde eines Tages verhaftet, weil er ein lange gesuchter Sittenstrolch war.“ Dieser Spruch hängt in einem Büro, das zwar nicht von mir eingerichtet wurde, aber nun für zwei Wochen mein Arbeitsplatz ist. Er stammt aus der Feder des englischen Reisekolumnisten Bill Bryson. Hätte aber durchaus auch von mir sein können.

Zu glauben, diese Marotte hätten nur Journalisten, ist jedoch falsch. Eine Kollegin interviewt beruflich Wissenschaftler. Meistens, so erzählte sie mir neulich, machten diese einen total abgeklärten Eindruck. Und doch hätten sie alle irgendwie einen Spleen. Neulich habe sie zum Beispiel von einem gelernt: „Wer einen 'sauberen' Schreibtisch hat, dessen Geist ist krank.“ Na, dann bin ich wohl vom Geist her ein Genie – denke ich mir beruhigt.

[Diese von mir geschriebene Kolumne ist am 5. August 2011 unter dem Titel "Wird schon Werden" in der Ausgabe 31 der "Werdener Nachrichten" erschienen]
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